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Dienstag, 10. Januar 2012
Kap der guten Hoffnung und Abschied
norasblog, 21:22h
Am letzten Tag in Kapstadt geht es noch einmal sehr touristisch zu. Ich buche eine Tagestour, die mich und sechs andere Reisende in einem Minibus zum Kap und zu einem Weingut karrt. Solche Reisen sind praktisch, aber behagen mir gar nicht. Guides die solche Touren machen, egal wie nett sie eigentlich sind, mag ich meistens nicht. Zu höflich, zu oberflächlich, zu lustig. Gehört zu ihrem Job, ist mir klar. Mag ich aber trotzdem nicht. Und die Mitreisenden sind selten ein wirklicher Zugewinn. In diesem Fall, ebenfalls sehr höflich und bemüht um meine Integration, ein älteres britisches Paar und eine Familie aus Mosambik. Aber was können die schön dafür und schließlich habe ich mich für eine Reise auch ohne Begleitung und im Fall von Südafrika gegen einen Mietwagen entschieden. Also los.
Und die Fahrt lohnt sich auch. Wir fahren schöne Küstenstraßen entlang, die man eben nur mit Auto (oder mit dem Fahrrad, was keine Option ist) befahren kann. Und ich genieße es wieder hinter einer fahrenden Fensterscheibe zu kleben und die Landschaft zu bestaunen. Hier fehlen mir wahrscheinlich die üblichen monatlichen ICE Kilometer, und diese Landschaft, so schön ich Deutschland auch finde, ist schon noch mal eine andere Nummer. Wir stoppen in Simons Town bei den Pinguinen, und fahren weiter bis zum Kap der guten Hoffnung. Das sollte eigentlich stürmisches Kap heißen. Schon damals war jemand clever genug zu erkennen, dass sich das sehr schlecht vermarkten ließe. Daher dieser hübsche, wenn auch wie sich rausstellte etwas gefährliche, Name. Schiffsunglücke gab es hier viele, im besten und wohl auch häufigsten Fall verfuhren sich die Schiffe allerdings nur in die auch deswegen so genannte "False Bay". Ob der Name nun positive Auswirkungen hatte - da müsste man ja gewarnt sein - bleibt mir heute noch unüberliefert.
Ausgerüstet mit meinen guten Erfahrungen laufe ich ohne mit der Wimper zu zucken zum Leuchtturm hoch. Die Aussichten sind tatsächlich sehr schön. Zumindest solange die Plattform noch nicht überfüllt ist. Dann kann es meinetwegen schnell weitergehen. Einen Cappuccino und einen Bangoon später sind wir wieder auf der Straße. (Bangoons sind Affen die dort die ganze Gegend terrorisieren. Ich finde sie süß. Und ich mache das erste Affen-Foto der Reise. Bisher sind mir immer alle zu schnell entwischt.)
Wir schauen uns Stellenbosch an, was mich leider unbeeindruckt lässt. Aber ich schiebe es auf die Tour. Das machen Stellenbosch und ich noch mal unter uns aus. Dann geht es noch zu einem Weingut, dieses Mal auch mit Probe. Beinahe hätte ich das ausfallen lassen. Weil ich weiß, dass es zu touristisch ist, dass ich Wein besser im Internet kaufe und auch schon genug Weinfässer in meinem Leben gesehen habe. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, es würde doch etwas Wichtiges fehlen, also bin ich froh und mache hier einen Haken. Und fahre das letzte Mal - erstmal - in die Stadt rein.
Stellenbosch:
Eigentlich habe ich schon am Tag zuvor Kapstadt inoffiziell Lebewohl gesagt. Und zwar als ich mich für das große afrikanische Menü im "Café Africa" entschieden habe. Offensichtlich beliebtes Ziel von Touren und Honeymoon-Reisenden werden einem dort mehrere typisch afrikanische Gerichte kredenzt. Alles zusammen mit bunter Einrichtung, bemalten Kellnern und der passenden Musik. Wenn mich das nächste Mal also jemand nach dem Essen in Afrika fragt, bin ich besser vorbereitet!
An diesem Abend checke ich noch einmal in ein anderes Hotel ein (ich wurde quasi umgesiedelt. Das ist ja hier üblich, siehe District six), dusche mir die Tour vom Leib und genieße mal wieder das Internet. Den ganzen Tag ohne Computer! Wie das werden soll, wenn ich erstmal in Busch und Wüste bin? Und dann husche ich noch ein letztes Mal in eine nahegelegende Weinbar. Ein schönes Glas Chardonnay und eine Tarte und ich bin zufrieden und, wie gesagt, erstmal, fertig mit Kapstadt.
Morgen früh um viertel vor sechs kommt mein Taxi. Dann geht es ca. acht Stunden die Küste entlang bis Knysna. Die berühmte Garden Route werde ich mir von einem Langstreckenbus aus ansehen, und dabei wahrscheinlich immer wieder mal einschlafen.
geschrieben am 11.01.2012
Und die Fahrt lohnt sich auch. Wir fahren schöne Küstenstraßen entlang, die man eben nur mit Auto (oder mit dem Fahrrad, was keine Option ist) befahren kann. Und ich genieße es wieder hinter einer fahrenden Fensterscheibe zu kleben und die Landschaft zu bestaunen. Hier fehlen mir wahrscheinlich die üblichen monatlichen ICE Kilometer, und diese Landschaft, so schön ich Deutschland auch finde, ist schon noch mal eine andere Nummer. Wir stoppen in Simons Town bei den Pinguinen, und fahren weiter bis zum Kap der guten Hoffnung. Das sollte eigentlich stürmisches Kap heißen. Schon damals war jemand clever genug zu erkennen, dass sich das sehr schlecht vermarkten ließe. Daher dieser hübsche, wenn auch wie sich rausstellte etwas gefährliche, Name. Schiffsunglücke gab es hier viele, im besten und wohl auch häufigsten Fall verfuhren sich die Schiffe allerdings nur in die auch deswegen so genannte "False Bay". Ob der Name nun positive Auswirkungen hatte - da müsste man ja gewarnt sein - bleibt mir heute noch unüberliefert.
Ausgerüstet mit meinen guten Erfahrungen laufe ich ohne mit der Wimper zu zucken zum Leuchtturm hoch. Die Aussichten sind tatsächlich sehr schön. Zumindest solange die Plattform noch nicht überfüllt ist. Dann kann es meinetwegen schnell weitergehen. Einen Cappuccino und einen Bangoon später sind wir wieder auf der Straße. (Bangoons sind Affen die dort die ganze Gegend terrorisieren. Ich finde sie süß. Und ich mache das erste Affen-Foto der Reise. Bisher sind mir immer alle zu schnell entwischt.)
Wir schauen uns Stellenbosch an, was mich leider unbeeindruckt lässt. Aber ich schiebe es auf die Tour. Das machen Stellenbosch und ich noch mal unter uns aus. Dann geht es noch zu einem Weingut, dieses Mal auch mit Probe. Beinahe hätte ich das ausfallen lassen. Weil ich weiß, dass es zu touristisch ist, dass ich Wein besser im Internet kaufe und auch schon genug Weinfässer in meinem Leben gesehen habe. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, es würde doch etwas Wichtiges fehlen, also bin ich froh und mache hier einen Haken. Und fahre das letzte Mal - erstmal - in die Stadt rein.
Stellenbosch:
Eigentlich habe ich schon am Tag zuvor Kapstadt inoffiziell Lebewohl gesagt. Und zwar als ich mich für das große afrikanische Menü im "Café Africa" entschieden habe. Offensichtlich beliebtes Ziel von Touren und Honeymoon-Reisenden werden einem dort mehrere typisch afrikanische Gerichte kredenzt. Alles zusammen mit bunter Einrichtung, bemalten Kellnern und der passenden Musik. Wenn mich das nächste Mal also jemand nach dem Essen in Afrika fragt, bin ich besser vorbereitet!
An diesem Abend checke ich noch einmal in ein anderes Hotel ein (ich wurde quasi umgesiedelt. Das ist ja hier üblich, siehe District six), dusche mir die Tour vom Leib und genieße mal wieder das Internet. Den ganzen Tag ohne Computer! Wie das werden soll, wenn ich erstmal in Busch und Wüste bin? Und dann husche ich noch ein letztes Mal in eine nahegelegende Weinbar. Ein schönes Glas Chardonnay und eine Tarte und ich bin zufrieden und, wie gesagt, erstmal, fertig mit Kapstadt.
Morgen früh um viertel vor sechs kommt mein Taxi. Dann geht es ca. acht Stunden die Küste entlang bis Knysna. Die berühmte Garden Route werde ich mir von einem Langstreckenbus aus ansehen, und dabei wahrscheinlich immer wieder mal einschlafen.
geschrieben am 11.01.2012
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Entdeckung Kapstadt Teil 2
norasblog, 18:11h
Wichtig in Kapstadt: Immer mal wieder im City-Bowl rumlaufen. Immer mal wieder die Großstadt mit dem bunten Treiben einatmen. Auch wenn das kein Ort für längere Stopps ist, ist es dort aufregend und für die Länge von einem Kaffee schön.
Die Long Street ist die Party Straße. Ein Café, an einem Restaurant, an einer Bar und noch einer Bar. Bars habe ich vermisst. Überhaupt war ich in zu wenigen Bars, auch schon in Berlin in den letzten Monaten. In Indien habe ich das Konzept überhaupt nicht gesehen. Alkohol ist dort ein Problem. Die Leute trinken entweder gar nicht oder viel zu viel. Viele sterben an Masse und mangelnder Qualität. Restaurants in Indien führen nur selten Bier, ganz selten Wein, eigentlich nie etwas anderes. Ich habe nicht einen Gin Tonic bekommen in Indien. Aber es dennoch überlebt, noch nicht mal nur schweren Herzens. Man kommt gut ohne Alkohol aus. Auch ich.
Hier gibt es natürlich auch viele hübsche Geschäfte und ich muss regelmäßig auf mich einreden, dass ich kein Paket aus Südafrika nach Hause schicken werde und deswegen keine sinnlosen, noch nicht mal sinnvolle, Sachen kaufen werde.
Gärten gibt es hier ein paar. Die direkt in der Stadt heißen Company Garden und umschreiben einen nicht zu verachtenden Park, in dem sich ganze Familien in den Schatten tummeln. Sieht aus wie in Deutschland. Nur etwas gepflegter und die Hautfarbe hat eine wesentlich dunklere Skala. Ich lese hier ein bisschen in meinem noch in Indien gekauften Buch. Ein weiterer Beschluss für das neue Jahr: keine dämlichen Bücher mehr lesen. Das ist noch schlimmer als dämliche Filme sehen. Zum Schluss hatte ich mir ein sehr dämliches Buch über ein Gruppenreise in Namibia aufschwatzen lassen. Im Treatmenthouse gab es so viele Bücher. Und sicher so viele bessere. Plus, ich hätte wissen müssen, dass die Empfehlung nur schief gehen kann. Aber in den Gedanken teilweise auch an Namibia dachte ich… Völlig falsch. Dann einen schlechten Thriller. Den habe ich wenigstens nicht zu Ende gelesen. Schreckliche Sprache, primitiver Plot, gar nicht spannend. Nur dämlich. Autorin verweilt hartnäckig in den Bestseller-Listen in Deutschland. Auch das hätte ich besser wissen müssen.
Jetzt wieder einen Irving. Das klappt. Bis ich unruhig werde und weiterziehen muss.
Es geht ins Museum. Ins "District six", welches die Geschichte des gleichnamigen, bunten Viertels erzählt, das nahe Zentrum und Hafen gelegen 1966 (! da gab es bei uns vor allem Miniröcke, die Pille und die Beatles) zur reinen "weißen Zone" erklärt wurde. Alle anderen mussten raus und so wurden zwei Jahre später alle Schwarzen unfreundlich aufgefordert, das Viertel zu verlassen. Erst 2004 durften die ersten zurück. Im Museum wird viel über Heimat erzählt und was es bedeutet, wenn man die verliert. Das ist sogar noch berührender als der bekannte Graus des Rassismus. Der ist hier noch sehr nah. Sehr frisch. Auch wenn ich weniger davon auf den Straßen und in dem täglichen Leben mitbekomme, als ich anfangs befürchtet habe. Vielleicht kriege ich aber auch zu wenig vom normalen, ungeschminkten Leben mit. So kann ich aus meiner Erfahrung leider Südafrika noch nicht von dem allgemeinen Vorwurf des immer noch präsenten Rassismus freisprechen. Aber es trieft nicht auf den Gehwegen. Immerhin.
Am Samstagmorgen geht es zu Old Biscuit Mill. Hat ein guter Freund empfohlen gesagt, also wird's gemacht. Riaz hält das auch für eine gute Idee. Er bringt mich hin und wartet dort auf mich. Es ist voll. Normalerweise eine ruhige Gegeben wird an jedem Samstag im Sommer von allerlei Händlern und Käufern belebt, wenn nicht bevölkert. Die Stimmung ist gut. Eine schöne Variante von Jahrmarkt auf dem man alles kaufen kann, vor allem allerdings, angepasst an das Jahrhundert, Kunst, Klamotten und Deko (und weniger Pferde) und (wie auch schon damals) vor allem viel Essen und Trinken. Es gibt Stände französischer Bäckereien, allerlei Gegrilltes, Sushi, Paella, Kuchen und Eis in allen erdenklichen Farben und Formen. Afrikanisches Essen ist wie in Malaysia, so glaube ich, eher eine Mischung aus allem möglichen. Viel mehr als das es irgendeine wirklich Spezialität gäbe, zumindest wenn man Grillen ausschließt. Zwischendurch, ich erwähnte es schon, ich bin ja nicht mehr in Indien, Wein-, Bier- und Sektstände.
Hier gibt es so viele schöne Dinge, so viele schöne Menschen, allerdings auch so viele deutsche Touristen, dass ich keine zwei Stunden, ein herrlich belegtes Vollkornbrot und einen Schal später Riaz anrufe. Er ist ganz stolz auf mich. Er meint normalerweise würden Frauen aus Europa dort mehr kaufen. Ein schöner Ausflug! Und ich erinnere mich daran, dass mir Märkte in Berlin fehlen. Ich denke, die am Käthe-Kollwitz Platz (die nächsten von mir aus) zählen nicht und nehme mir vor ab März richtige Märkte in Berlin zu suchen.
Auch ein Ausflug nach Robben Island ist auf meiner Aktivitätenliste. Der fängt schon mit der wieder netten Taxifahrt mit Riaz an. Er war noch nie auf der Insel. Er meint früher konnte man nur mit dem Boot herum fahren. Das sei aber schon mal schön. Sehr gut, also schon mal über 1/3 der Aktion gerettet!
Er versucht die Abkürzungen zu nehmen, um dann festzustellen, dass die Straßen gesperrt sind, und besteht darauf mich bis zum Bootsanleger zu bringen, was darin endet, dass wir das Auto im Parkhaus parken, an der falschen Seite hoch kommen und ich dann über einen Samstagabend-überfüllten Platz an der Waterfront rennen muss. Riaz ist untröstlich, ich beruhige ihn. Und angekommen bin ich auch. Dann werden alle Taschen und Personen gescreent wie am Flughafen. Als ob da noch Häftlinge wären...
Die Fahrt ist wirklich schön und das erste Mal fallen mir die wirklich vielen Segelboote auf. Ein schöner Ort zum Segeln oder zum Kaiten - und ich denke an Hamburg.
Auf der Insel werden wir mit einem Bus samt sehr engagiertem Guide herum chauffiert. Gut, dass er so engagiert ist, denn die neureiche Familie aus München und die pralle Sonne, die durch die Fenster knallt, gehen mit ganz schön auf die Nerven. Er habe schon alles was Rang und Namen hat über die Insel geführt. 14 mal (oder so) davon Nelson Mandela selbst, alle Könige, Präsidenten und alle möglichen Popstars. Aber er ist auch wirklich lustig und tut es mit Herz, für die Freiheit. Das sind ein paar der wenigen, guten Erfahrungen, die ich mich hier näher an diese junge Geschichte der Verfolgung, Unterdrückung und reinen Rassismus bringen. Freiheit ist hier noch ein ganz anderer Begriff als bei uns. Ich denke an Chile. Die Geschichte dort, ähnlich, wenn auch nicht vergleichbar, wenn auch nicht ganz so jung, wurde dort von den meisten noch so gut es ging unter den Teppich gekehrt. Aufarbeitung Fehlanzeige. Das war sehr beklemmend. Und hier scheint es besser zu sein.
Die Rundführung und die Besichtigung der Zellen waren eindrucksvoll. Aber ich bestätige: die Bootsfahrt war das Schönste. Auf dem Rückweg stehe ich draußen, versuche alle Einstellungen meiner Kamera durch und vor allem versuche ich sie nicht zu verlieren. Die Wellen sind hoch, der Wind unbarmherzig und ich bin froh über jeden Quadratzentimeter Stoff den ich dabei habe. Vorteil der Alleinreisenden: Es gibt keine, oder nur wenig, Bilder von einem selbst. In dem Fall wäre es eingewickelt in zwei Schals, mit Safarihemd und auch sonst der ganzen Touristenmontur gewesen.
Am nächsten Tag gibt es eine ganze Packung Stadtrundfahrt. Das bedeutet in diesem Fall die große Runde zu ein paar Weingütern (allerdings ohne Probe, es ist noch vormittags), dem botanischen Garten, einem Vogelreservat, einer Warft, mehreren Stränden und wieder zurück ins Zentrum.
Auf der Tour erlebe ich die afrikanische Version von "no problem" (dem Standardspruch für alles und jeden in Indien). Sie kostet mich zwei Stunden, ein bisschen Diskussion, mehr Lachen und wird dann mit einer Busfahrt mit nur zwei anderen den ganzen Weg zurück zum Kirstenbosch Garten belohnt. Außerdem darf ich erfahren, wie schmerz- und kälteresistent afrikanische Kinder sind (sie schwimmen im Atlantik, der wahrscheinlich weniger als 10, sicher aber weniger als 15 Grad hat), viele bunte Vögel (allerdings hauptsächlich in größeren Käfigen) sehen und den zweiten der hier wohl beliebten Wochenendmärkte kennen lernen. Hier schaffe ich es nicht ganz und kaufe mir ein Kleid. Ein günstiges, ganz leichtes, das kaum Platz im Rucksack nimmt (rede ich mir ein).
Der Abend klingt mit einem Konzert im Kirstenbosch Park aus. Die Afrikaner feiern hier jeden in Frage kommenden Sonntagnachmittag den Sommer. Das bedeutet viele Menschen die gemeinsam Picknicken und Musik hören. Eine schöne Atmosphäre, die mich wieder an Berlin erinnert. Berlin im Sommer ist schon etwas ganz besonders schönes. Und manchmal muss man weit weg fahren, um sich wieder vorzunehmen sehr viel häufiger auf Konzerte zu gehen.
Die Long Street ist die Party Straße. Ein Café, an einem Restaurant, an einer Bar und noch einer Bar. Bars habe ich vermisst. Überhaupt war ich in zu wenigen Bars, auch schon in Berlin in den letzten Monaten. In Indien habe ich das Konzept überhaupt nicht gesehen. Alkohol ist dort ein Problem. Die Leute trinken entweder gar nicht oder viel zu viel. Viele sterben an Masse und mangelnder Qualität. Restaurants in Indien führen nur selten Bier, ganz selten Wein, eigentlich nie etwas anderes. Ich habe nicht einen Gin Tonic bekommen in Indien. Aber es dennoch überlebt, noch nicht mal nur schweren Herzens. Man kommt gut ohne Alkohol aus. Auch ich.
Hier gibt es natürlich auch viele hübsche Geschäfte und ich muss regelmäßig auf mich einreden, dass ich kein Paket aus Südafrika nach Hause schicken werde und deswegen keine sinnlosen, noch nicht mal sinnvolle, Sachen kaufen werde.
Gärten gibt es hier ein paar. Die direkt in der Stadt heißen Company Garden und umschreiben einen nicht zu verachtenden Park, in dem sich ganze Familien in den Schatten tummeln. Sieht aus wie in Deutschland. Nur etwas gepflegter und die Hautfarbe hat eine wesentlich dunklere Skala. Ich lese hier ein bisschen in meinem noch in Indien gekauften Buch. Ein weiterer Beschluss für das neue Jahr: keine dämlichen Bücher mehr lesen. Das ist noch schlimmer als dämliche Filme sehen. Zum Schluss hatte ich mir ein sehr dämliches Buch über ein Gruppenreise in Namibia aufschwatzen lassen. Im Treatmenthouse gab es so viele Bücher. Und sicher so viele bessere. Plus, ich hätte wissen müssen, dass die Empfehlung nur schief gehen kann. Aber in den Gedanken teilweise auch an Namibia dachte ich… Völlig falsch. Dann einen schlechten Thriller. Den habe ich wenigstens nicht zu Ende gelesen. Schreckliche Sprache, primitiver Plot, gar nicht spannend. Nur dämlich. Autorin verweilt hartnäckig in den Bestseller-Listen in Deutschland. Auch das hätte ich besser wissen müssen.
Jetzt wieder einen Irving. Das klappt. Bis ich unruhig werde und weiterziehen muss.
Es geht ins Museum. Ins "District six", welches die Geschichte des gleichnamigen, bunten Viertels erzählt, das nahe Zentrum und Hafen gelegen 1966 (! da gab es bei uns vor allem Miniröcke, die Pille und die Beatles) zur reinen "weißen Zone" erklärt wurde. Alle anderen mussten raus und so wurden zwei Jahre später alle Schwarzen unfreundlich aufgefordert, das Viertel zu verlassen. Erst 2004 durften die ersten zurück. Im Museum wird viel über Heimat erzählt und was es bedeutet, wenn man die verliert. Das ist sogar noch berührender als der bekannte Graus des Rassismus. Der ist hier noch sehr nah. Sehr frisch. Auch wenn ich weniger davon auf den Straßen und in dem täglichen Leben mitbekomme, als ich anfangs befürchtet habe. Vielleicht kriege ich aber auch zu wenig vom normalen, ungeschminkten Leben mit. So kann ich aus meiner Erfahrung leider Südafrika noch nicht von dem allgemeinen Vorwurf des immer noch präsenten Rassismus freisprechen. Aber es trieft nicht auf den Gehwegen. Immerhin.
Am Samstagmorgen geht es zu Old Biscuit Mill. Hat ein guter Freund empfohlen gesagt, also wird's gemacht. Riaz hält das auch für eine gute Idee. Er bringt mich hin und wartet dort auf mich. Es ist voll. Normalerweise eine ruhige Gegeben wird an jedem Samstag im Sommer von allerlei Händlern und Käufern belebt, wenn nicht bevölkert. Die Stimmung ist gut. Eine schöne Variante von Jahrmarkt auf dem man alles kaufen kann, vor allem allerdings, angepasst an das Jahrhundert, Kunst, Klamotten und Deko (und weniger Pferde) und (wie auch schon damals) vor allem viel Essen und Trinken. Es gibt Stände französischer Bäckereien, allerlei Gegrilltes, Sushi, Paella, Kuchen und Eis in allen erdenklichen Farben und Formen. Afrikanisches Essen ist wie in Malaysia, so glaube ich, eher eine Mischung aus allem möglichen. Viel mehr als das es irgendeine wirklich Spezialität gäbe, zumindest wenn man Grillen ausschließt. Zwischendurch, ich erwähnte es schon, ich bin ja nicht mehr in Indien, Wein-, Bier- und Sektstände.
Hier gibt es so viele schöne Dinge, so viele schöne Menschen, allerdings auch so viele deutsche Touristen, dass ich keine zwei Stunden, ein herrlich belegtes Vollkornbrot und einen Schal später Riaz anrufe. Er ist ganz stolz auf mich. Er meint normalerweise würden Frauen aus Europa dort mehr kaufen. Ein schöner Ausflug! Und ich erinnere mich daran, dass mir Märkte in Berlin fehlen. Ich denke, die am Käthe-Kollwitz Platz (die nächsten von mir aus) zählen nicht und nehme mir vor ab März richtige Märkte in Berlin zu suchen.
Auch ein Ausflug nach Robben Island ist auf meiner Aktivitätenliste. Der fängt schon mit der wieder netten Taxifahrt mit Riaz an. Er war noch nie auf der Insel. Er meint früher konnte man nur mit dem Boot herum fahren. Das sei aber schon mal schön. Sehr gut, also schon mal über 1/3 der Aktion gerettet!
Er versucht die Abkürzungen zu nehmen, um dann festzustellen, dass die Straßen gesperrt sind, und besteht darauf mich bis zum Bootsanleger zu bringen, was darin endet, dass wir das Auto im Parkhaus parken, an der falschen Seite hoch kommen und ich dann über einen Samstagabend-überfüllten Platz an der Waterfront rennen muss. Riaz ist untröstlich, ich beruhige ihn. Und angekommen bin ich auch. Dann werden alle Taschen und Personen gescreent wie am Flughafen. Als ob da noch Häftlinge wären...
Die Fahrt ist wirklich schön und das erste Mal fallen mir die wirklich vielen Segelboote auf. Ein schöner Ort zum Segeln oder zum Kaiten - und ich denke an Hamburg.
Auf der Insel werden wir mit einem Bus samt sehr engagiertem Guide herum chauffiert. Gut, dass er so engagiert ist, denn die neureiche Familie aus München und die pralle Sonne, die durch die Fenster knallt, gehen mit ganz schön auf die Nerven. Er habe schon alles was Rang und Namen hat über die Insel geführt. 14 mal (oder so) davon Nelson Mandela selbst, alle Könige, Präsidenten und alle möglichen Popstars. Aber er ist auch wirklich lustig und tut es mit Herz, für die Freiheit. Das sind ein paar der wenigen, guten Erfahrungen, die ich mich hier näher an diese junge Geschichte der Verfolgung, Unterdrückung und reinen Rassismus bringen. Freiheit ist hier noch ein ganz anderer Begriff als bei uns. Ich denke an Chile. Die Geschichte dort, ähnlich, wenn auch nicht vergleichbar, wenn auch nicht ganz so jung, wurde dort von den meisten noch so gut es ging unter den Teppich gekehrt. Aufarbeitung Fehlanzeige. Das war sehr beklemmend. Und hier scheint es besser zu sein.
Die Rundführung und die Besichtigung der Zellen waren eindrucksvoll. Aber ich bestätige: die Bootsfahrt war das Schönste. Auf dem Rückweg stehe ich draußen, versuche alle Einstellungen meiner Kamera durch und vor allem versuche ich sie nicht zu verlieren. Die Wellen sind hoch, der Wind unbarmherzig und ich bin froh über jeden Quadratzentimeter Stoff den ich dabei habe. Vorteil der Alleinreisenden: Es gibt keine, oder nur wenig, Bilder von einem selbst. In dem Fall wäre es eingewickelt in zwei Schals, mit Safarihemd und auch sonst der ganzen Touristenmontur gewesen.
Am nächsten Tag gibt es eine ganze Packung Stadtrundfahrt. Das bedeutet in diesem Fall die große Runde zu ein paar Weingütern (allerdings ohne Probe, es ist noch vormittags), dem botanischen Garten, einem Vogelreservat, einer Warft, mehreren Stränden und wieder zurück ins Zentrum.
Auf der Tour erlebe ich die afrikanische Version von "no problem" (dem Standardspruch für alles und jeden in Indien). Sie kostet mich zwei Stunden, ein bisschen Diskussion, mehr Lachen und wird dann mit einer Busfahrt mit nur zwei anderen den ganzen Weg zurück zum Kirstenbosch Garten belohnt. Außerdem darf ich erfahren, wie schmerz- und kälteresistent afrikanische Kinder sind (sie schwimmen im Atlantik, der wahrscheinlich weniger als 10, sicher aber weniger als 15 Grad hat), viele bunte Vögel (allerdings hauptsächlich in größeren Käfigen) sehen und den zweiten der hier wohl beliebten Wochenendmärkte kennen lernen. Hier schaffe ich es nicht ganz und kaufe mir ein Kleid. Ein günstiges, ganz leichtes, das kaum Platz im Rucksack nimmt (rede ich mir ein).
Der Abend klingt mit einem Konzert im Kirstenbosch Park aus. Die Afrikaner feiern hier jeden in Frage kommenden Sonntagnachmittag den Sommer. Das bedeutet viele Menschen die gemeinsam Picknicken und Musik hören. Eine schöne Atmosphäre, die mich wieder an Berlin erinnert. Berlin im Sommer ist schon etwas ganz besonders schönes. Und manchmal muss man weit weg fahren, um sich wieder vorzunehmen sehr viel häufiger auf Konzerte zu gehen.
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